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Wählen ab 16?! Pro und Contra

In einer Pressemitteilung forderte unser Landesvorsitzender Florian Oest für Sachsen die Senkung des Mindestwahlalters für Kommunalwahlen auf sechszehn Jahre zu senken. An dieser Stelle lassen wir unsere Mitglieder sowie ihre Argumente für und gegen diese Forderung sprechen.

Pro – von Jessica Köhler und Hans-Jürgen Rosch

Jugendbeteiligung findet in Sachsen bereits heute auf vielen Wegen statt. Die Beteiligung junger Menschen ist in manchen Kommunen und Landkreisen gelebte Praxis. Es gibt zum Beispiel Jugendparlamente und Jugendbeiräte mit unterschiedlichen Formen der Beteiligung in politischen Prozessen, es gibt den Landesschülerrat, der aktiv bei Jugendthemen Haltung zeigt und es gibt nicht zuletzt die politischen Jugendorganisationen der Parteien. Als Junge Union Sachsen haben wir uns in den vergangenen Jahren unter anderem für die Eigenständige Jugendpolitik stark gemacht. All unsere Papiere und Aktionen spiegeln unsere Sicht als junge Generation der Sächsischen Union wider.

Erst im Dezember 2017 hat der Sächsische Landtag das Zweite Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalwahlrechts beschlossen, in dem es heißt, „die Gemeinde/der Landkreis soll bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen. Hierzu soll die Gemeinde/der Landkreis geeignete Verfahren entwickeln und durchführen.“ Liest man die Verfassung des Freistaates Sachsen, so ist dort laut Artikel 101 die Jugend „zu sittlichem und politischem Verantwortungsbewusstsein, zu Gerechtigkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen (...) und zu freiheitlicher demokratischer Haltung zu erziehen.“

Man kann also nicht davon sprechen, dass junge Menschen auf dem Papier nicht eingebunden werden. Dennoch ist die Jugendbeteiligung vor Ort stark abhängig von den jeweiligen Beteiligten und der gegenseitigen Akzeptanz. Ohne Frage können gut organisierte Jugendliche mit großem Interesse und noch größerem Engagement bereits heute viel bewegen – umso mehr stellt sich die Frage, warum man ihnen dann nicht auch das aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen ab dem 16. Lebensjahr zuspricht.

Die CDU war immer dann stark, wenn sie vorangegangen ist und gezeigt hat, dass sie bereit ist, mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt zu halten.

Jessica Köhler & Hans-Jürgen Rosch

Gerade als Junge Union sollte es unsere Aufgabe sein, junge Menschen für Politik zu begeistern und sie nicht davon fernzuhalten. Lasst uns mutig neue Wege gehen und junge Menschen weiter einbinden. Die CDU war immer dann stark, wenn sie vorangegangen ist und gezeigt hat, dass sie bereit ist, mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt zu halten. Lasst uns das Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre absenken. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein hinreichend großer Anteil der heute 16-Jährigen in der Lage ist, sich sachkundig an Kommunalwahlen zu beteiligen.

Die CDU bezeichnet sich als Volkspartei und einem Volk gehören auch junge Menschen an. Wenn wir unserem Anspruch also weiterhin genügen möchten, sollten wir schauen, dass wir die Ansichten der jungen Generation in unsere inhaltliche Ausrichtung aufnehmen und sie so kommunizieren, dass sie dort auch ankommen.

Mit Blick auf die immer älter werdende Gesellschaft ist die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre längst überfällig. Sie ist die richtige Antwort auf die wachsende Zahl älterer Wähler (ausgelöst durch den demografischen Wandel) und sorgt für einen Interessenausgleich der Generationen. Das Wahlalter von 16 Jahren gibt Jugendlichen ein Mitbestimmungsrecht bei politischen Entscheidungen, die sie oft später selbst betreffen. Außerdem können Jugendliche frühzeitig für Politik interessiert werden, sich mit der Demokratie identifizieren und sich dafür engagieren. Das ist es, was wir wollen und was für die Zukunft nötig ist.

Contra – von Jan Schuster und Julien Reiter

Im Zuge der Proteste um „Fridays for Future“ und „Artikel 13“ ist die Junge Union dazu angehalten, eigene klare Positionen zur Berücksichtigung jugendlicher Belange in der Politik zu entwickeln und diese in der öffentlichen Debatte zu vertreten. Wir müssen als Junge Union festhalten, dass unsere Positionen für den Beschlussfassungsprozess zur europäischen Urheberrechtsreform in CDU/CSU nahezu keinerlei Berücksichtigung fanden.

Ein Impuls zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre wurde von der SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Katarina Barley, im Kontext der freitäglichen Schüler-Proteste gegeben. Als Union grenzten wir uns in der Vergangenheit klar und geschlossen von dieser Position ab, die nach aktuellen Meinungsumfragen genauso von der Mehrheit der Deutschen nicht befürwortet wird. In Anbetracht der zunehmenden Beliebigkeit der Union besteht jedoch die Gefahr, dass sie auch zu dieser Frage ihre Position aufgibt und zur weiteren Vereinheitlichung der inhaltlichen Parteiprofile beiträgt.

Es spricht viel für die Beibehaltung des Wahlrechts ab 18: Mit Vollendung des 18. Lebensjahres – der Volljährigkeit – ist man nach dem deutschen Rechtssystem berechtigt, vollumfänglich eigenverantwortlich am Rechtsverkehr teilzunehmen. Die Herabsetzung des Wahlalters bei gleichzeitiger Vorenthaltung übriger Rechte und Pflichten der Volljährigkeit wäre inkonsequent.

Zudem stellt die Volljährigkeit einen logischen Anknüpfungspunkt für das Wahlalter dar. Eine Herabsetzung auf 16 Jahre wäre insofern willkürlich, als dass man mit den angeführten Argumenten auch eine weitere Herabsetzung auf 15 oder 14 Jahre begründen könnte.

Ein zunehmendes Problem bei der politischen Meinungsbildung stellt die Fülle an Falschinformationen und Halbwahrheiten dar, die mittlerweile überall und jederzeit zu finden sind. Es bedarf einem gewissen Grad an mentaler Reife, um Darstellungen kritisch zu hinterfragen und nicht jedem blauhaarigen Youtuber sofort ins Netz zu gehen. Ob man über diese Reife schon mit 18 Jahren verfügt, ist fraglich, aber im Alter von 16 Jahren deutlich unwahrscheinlicher.

Eine Herabsetzung auf 16 Jahre wäre insofern willkürlich, als dass man mit den angeführten Argumenten auch eine weitere Herabsetzung auf 15 oder 14 Jahre begründen könnte.

Jan Schuster & Julien Reiter

In Betrachtung der gegenwärtigen Lage könnte man annehmen, dass in der jungen Generation ein steigendes politisches Interesse und damit verbundenes Engagement zu verzeichnen ist. Bestehende Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche werden hingegen kaum angenommen, was eher gegen ein Interesse an tatsächlicher politischer Teilhabe spricht. Die diesjährige Wahlbeteiligung von rund 3,5 Prozent bei der Wahl des Zwickauer Jugendbeirates und von rund 7,6 Prozent bei der Wahl des Leipziger Jugendparlaments seien hierfür exemplarisch genannt.

Jedoch wäre es zu einfach Minderjährigen ihre Versäumnisse der Vergangenheit vorzuhalten. Der Ansatz der Jungen Union muss daher vielmehr sein, alle Jugendlichen zur politischen und gesellschaftlichen Beteiligung einzuladen und auf gute Bedingungen für ein ehrenamtliches Engagement innerhalb und außerhalb der jugendpolitischen Gremien hinzuwirken. Dazu sollte den Jugendbeiräten und Jugendparlamenten mehr Entscheidungskompetenz eingeräumt werden, denn dies sind die bewährten Orte der politischen Teilhabe. Wenn sie von den Jugendlichen nur unzulänglich genutzt werden, muss man unterstellen, dass nur wenig Interesse an der Teilnahme an Wahlen herrscht.

Das oberste Ziel für die Junge Union muss lauten, den Jugendlichen eine Plattform zu bieten. Diese ist jedoch nur attraktiv, wenn wir uns mit unseren Standpunkten gegenüber der CDU/CSU auch durchsetzen können. Die schlechten Ergebnisse zur Europawahl bei den unter 30-jährigen sollten uns dafür deutliche Rückendeckung geben.

Dieser Text ist zu erst erschienen in der Ausgabe 2019 | 2 unseres Mitgliedermagazins "Die Schwarzen Seiten".

Hier findest Du die gesamte Ausgabe: